CYNETART 2016
Das Festival
ES BRAUCHT IMMER EINEN TRAUM
ULF LANGHEINRICH
2005 traf ich Klaus Nicolai und Thomas Dumke auf der Ars Electronica, auf
der ich mehrere Arbeiten zeigte. Wir hatten lange Gespräche über die Situation
der Medienkunst und die CYNETART. Klaus Nicolai und Thomas Dumke
haben das Profil der CYNETART über die Jahre geprägt und mich vielfach
mit eigenen Arbeiten präsentiert, meistens Premieren und so war es die
CYNETART, die mich über die Jahre immer wieder nach Dresden brachte. Drei
Jahre nachdem ich nunmehr wieder hier lebe verantworte ich, gemeinsam
mit meiner Kollegin Nadine Bors, selbst dieses großartige Festival; es ist das
zwanzigste, ein Jubiläum!
Die CYNETART ist wichtig. Dies ist zunächst nur ein Anspruch, der immer neu
eingelöst werden muss. Schon immer da gewesen zu sein beweist lediglich,
dass es so war. Als Festival für neue Medien und digitale Kunst muss sie für
eine Haltung des Aufbruchs und des Wagnisses stehen, dies in einer Stadt,
die sich gebrochen ungebrochen an den nicht verschmerzten Verletzungen
der Vergangenheit abarbeitet und die in Heilung und Wahrung des Verlorenen,
nach wie vor eine zentrale sinnstiftende Agenda findet. Es ist eine Sehnsucht
nach Bedeutung in Gemütlichkeit, woran Dresden scheitert, wie die
Tradition gewordenen larmoyant-xenophoben Rituale rund um ein Wiederauferstehungs-Disneyland
mit der Frauenkirche als zentraler Fetisch zeigen.
Kunst auf der CYNETART soll weder kritischer Reflex auf das »Alte« sein, noch ein
hippes Event, wo ein bisschen Clubbing und interaktivitätsdusselige Medienkunst
gezeigt werden: smart gestrandete Harmlosigkeiten zwischen »technologisch
avanciert« und »politisch korrekt« und so kompatibel zum Narrativ
des sächsischen Silicon Valley. Kunst sollte auch mehr sein, als Data-processing
geschmackig zu visualisieren und damit vor allem – und oft lediglich –
ausufernde Diskurse zu bedienen. Jenseits von Technologie geht es um Haltungen,
eine verstörende Ernsthaftigkeit und Sprachlosigkeit, eine sich den
Kontextualisierungen sperrende Sinnlosigkeit; keine Selbstoptimierung und
kein Eventkonsum. Die lokale Club-Culture hat mit DAVE nun ein ihrer Relevanz
angemessenes und erfolgreiches Festival in der Stadt gegründet.
Die CYNETART, nun wieder offen, steht – was kann man sich besseres wünschen
– damit auch ganz am Anfang. Der Projektraum dgtl fmnsm, Josef M.
Gaßners gänzlich unkünstlerischer Vortrag über die Grenze des Erkennbaren,
oder (also doch!) die Wiederauferstehung einer Multikanal-Soundarbeit der
2009 verstorbenen Soundkünstlerin Maryanne Amacher durch das Recombinant
Sound Lab, sind zumindest Indikatoren für ein neuerliches Suchen
auch jenseits – aber nicht abseits – von »Frisch«-Kunst.
Es sind die Träume von Detlev Schneider, Klaus Nicolai und Thomas Dumke,
auf denen wir behutsam voran gehen. Und doch braucht es einen neuen Traum. Es braucht immer einen neuen Traum.
Ulf Langheinrich
Künstlerische Leitung
Nadine Bors
Organisatorische Leitung
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